KindesUnterhalt - Falsche Anreize für Väter?



Westpol, Sonntag, 18. Mai 2014, 19.30 - 20.00 Uhr, KindesUnterhalt - Falsche Anreize für Väter?

Skript
Plätzchen backen zusammen mit der Tochter. Michael versucht seit der Trennung, so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Er will den Alltag erleben, die Erziehung mit gestalten - eben nicht nur Freizeitpapa sein, der sein Kind nur jedes zweite Wochenende sieht. "Die Zeit ist extrem wichtig für mich. Ich habe damals die Wohnung extra hier gewählt, weil sie nur 500 Meter entfernt ist von unseren alten Wohnung", erzählt Michael. "Ich wollte, dass meine Tochter auf jeden Fall mich fußläufig erreichen kann."

Michael übernimmt fast die Hälfte der Beutreuungszeiten. Vierzehn Nächte im Monat ist sie bei ihm. Jedes zweite Wochenende, außerdem jeden Dienstag und Donnerstag. Auch Haustiere hat Michael seiner Tochter gekauft. Er richtet sein Leben nach ihr aus. Gesetzlich verpflichtet ist Michael dazu nicht. Vier Nächte pro Monat wären Standard. Und trotzdem muss er den vollen Unterhalt zahlen. "Eigentlich werden die Väter noch betraft, dass sie mehr Einsatz bringen. Sie zahlen ja schon den Unterhalt dafür, dass das Kind durch die Mutter betreut wird, bringen sich aber selber extrem ein und müssen in dieser Zeit, wo sie selbst das Kind betreuen, sich auch finanziell beteiligen", ärgert sich Michael.

Einer betreut, der andere zahlt

Die Höhe der Leistungen bestimmt die sogenannte Düsseldorfer Tabelle. Michael verdient über 3.100 Euro netto. Das macht für ihn 374 Euro Unterhalt im Monat. In der nächsten Altersstufe muss er dann 454 Euro zahlen. In der Vergangenheit hat er immer mal wieder versucht, mit der Mutter einen geringeren Unterhalt zu vereinbaren - vergeblich. Denn sie ist im Recht. "Klappe halten, nichts sagen, nicht meckern und dann läuft das schon alles irgendwie", berichtet Michael. "Es sind immer mehr Väter da, die sich mehr einbringen wollen, die sich das nicht gefallen lassen wollen, aber der Gesetzgeber bringt dafür nicht die Grundlagen. Er schmeißt diesen Vätern noch die Knüppel zwischen die Beine."

Die geltende Rechtssprechung basiert auf dem Grundsatz: einer betreut, der andere zahlt. Der Paragraf 1606 des BGB definiert die Unterhaltsverpflichtung. Dort steht: "Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes." Eine Betreuung im Wechsel ist schlicht nicht berücksichtigt.

Gesetz an Lebenswirklichkeit vorbei

Die Rechtsanwältin Nicole Langen stellt in ihrer täglichen Arbeit fest, dass die Gesetzgebung bei den Mandanten für großen Unmut sorgt, denn sie hat nichts mehr mit der Lebenswirklichkeit zu tun: "Das Bild ist noch ausgeprägt, dass eigentlich das Kind zur Mutter gehört und der Vater, weil er mit seiner Arbeit beschäftigt ist, sich nicht so viel kümmern will und kann und deswegen zahlen soll", berichtet die Anwältin.

Auch Hans-Georg Nelles hält die Rechtslage für nicht zeitgemäß. Der stellvertretende Vorsitzende des "Bundesforum Männer" tritt für die Interessen von Vätern ein. Er fordert eine Anpassung an die Realität. "Auch in vielen anderen Bereich ist eigentlich deutlich, dass wir eine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen haben möchten und der Gesetzgeber an verschiedenen Stellen Initiative übernimmt, um da passende Rahmenbedingungen zu schaffen. Aber genau an dieser Stelle müssen wir feststellen, dass überhaupt nichts passiert, dass die Anreize, die bestehen, deutliche Fehlanreize sind", so Hans-Georg Nelles.

Beim Wechselmodell fallen Zahlungen weg

Dass es auch anders gehen kann, zeigen, Christian Gärtner und seine ehemalige Partnerin. Sie haben sich außergerichtlich geeinigt - auf ein Wechselmodell. Die Kinder Lotta und Tom sind die eine Hälfte bei der Mutter, die andere beim Vater. So läuft die Betreuung 50 zu 50. "Die Kinder leben in zwei Wohnungen. Die sind zum Beispiel vier Tage bei mir, dann drei Tage bei der Mutter", erklärt Christian Gärtner. "Das Gute ist, dass die Wohnungen nah beieinanderliegen und dass dadurch das Umfeld der Kinder auch nach der Trennung genau das gleiche geblieben ist. Das ist wichtig." Wichtig auch: Gegenseitige Unterhaltszahlungen fallen weg. Finanziell kommt jeder für die Festkosten eines Kindes auf. Zudem übernimmt jeder die anfallenden Kosten in der Betreuungszeit.

Ein Modell, das in der Praxis selten vorkommt - auch weil es keine gesetzliche Regelung gibt. Schätzungsweise rund fünf Prozent der Paare teilen sich die Betreuung der Kinder. "Die Durchführung des Wechselmodells geht nur dann, wenn beide Eltern das außergerichtlich so möchten. Mann kann es nicht einseitig erzwingen und auch nicht einseitig gerichtlich durchsetzen", erklärt Anwältin Nicole Langen.

Zum Zeuger und Zahler degradiert

Auch Michael hätte sich gerne mit seiner Ex-Frau auf ein Wechselmodell geeinigt, zumal er auch die Hälfte der Schulferien mit seiner Tochter verbringt. "Ich würde mir wünschen, dass der Gesetzgeber eine feste Regelung macht: abhängig vielleicht von dem Modell, je nachdem, wie viel Zeit der Vater sich einbringt. Dass man das auch umrechnet auf seinen monatlichen finanziellen Beitrag, den er leistet", so Michael.

Michael ist froh über jede Minute mit seiner Tochter, doch ihm fehlt die Anerkennung. Vom Gesetzgeber fühlt er sich zum Zeuger und Zahler degradiert.


Sendeanstalt: WDR Serie: Westpol

Zuletzt geändert am 01.02.2015 um 18:36

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