Keine Aussetzung der Wirksamkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses zur Doppelresidenz, um den Kindern zu viele mögliche Veränderungen zu ersparen


OLG Bamberg
Aktenzeichen: 2 UF 90/20 vom 18.06.2020
Veröffentlicht in BeckRS 2020, 28450

 

Tenor / Inhalt der Entscheidung

Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners auf vorläufige Aussetzung der Wirksamkeit des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht -Forchheim vom 6.3.2020 (3 F 650/19) wird zurückgewiesen. -

Begründung:


Der Antrag des Antragstellers mit Anwaltsschreiben vom 19.5.2020 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist als Antrag auf einstweilige Aussetzung der Wirksamkeit des Beschlusses vom 6.3.2020 auszulegen. Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung würde vorliegend keinen Sinn machen, da eine Zwangsvollstreckung derzeit nicht erfolgt. Ein Vollstreckungsverfahren ist nicht anhängig. Das Begehren des Antragstellers gemäß Anwaltsschriftsatz vom 19.5.2020, die vorherige Regelung wieder in Kraft zu setzen, ist mit einem Antrag gemäß § 64 Abs. 3 FamFG zu erreichen, die Wirksamkeit des Beschlusses des Amtsgerichts vom 6.03.2020 mit Anordnung des Wechselmodells einstweilen auszusetzen.

Dieser Antrag ist jedoch zurückzuweisen, da die Voraussetzungen einer einstweiligen Aussetzung der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses gemäß § 64 Abs. 3 FamFG nicht gegeben sind.

Das angeordnete Wechselmodell wird zwischenzeitlich nach dem Vortrag des Antragsgegners bereits seit mehreren Wochen durchgeführt. Der Antragsgegner lässt vortragen, die drei Kinder hätten ihm gegenüber geäußert, er solle dafür Sorge tragen, dass der frühere Zustand der Umgangsvereinbarung vom 18.7.2017 (2 F 531/16 AG Forchheim) wiederhergestellt werde. Dem Jugendamt hätten die Kinder erklärt, den Umgang mit der Kindsmutter nach der vorigen Umgangsvereinbarung durchführen zu wollen. Demgegenüber lässt die Antragstellerin vortragen, dass die drei Kinder gegenüber dem Jugendamt geäußert hätten, dass das nunmehr praktizierte Wechselmodell ihre Zustimmung finde. Diese Darstellungen lassen zum einen deutlich werden, dass der Kindsvater nach eigenem Vortrag bei zahlreichen Gelegenheiten mit den drei Kindern über die Beibehaltung des derzeit angeordneten Wechselmodells oder einer Rückkehr zu der Regelung aus 2017 diskutiert. Die geschilderten gegensätzlich Äußerungen der drei Kinder zeigen andererseits, dass diese in einem erheblichen Loyalitätskonflikt stecken, was sich nachteilig auf das Wohl jedes einzelnen Kindes auswirkt. Die Kinder leben in greifbarer Zerrissenheit und Unsicherheit. Eine jetzige Rückkehr zur vorherigen Umgangsregelung würde zu einer weiteren Verunsicherung der drei Kinder führen, den Loyalitätsdruck keinesfalls verringern sondern allenfalls verstärken und daher dem Kindeswohl widersprechen. Dies gilt vor allem, wenn es letztendlich beim angeordneten Wechselmodell verbleiben würde. Demgegenüber würde die begehrte Aufhebung des angefochtenen Beschlusses mit Zurückweisung des Abänderungsbegehrens der Antragstellerin dazu führen, dass der vom Kindsvater bereits jetzt begehrte reduzierte Umfang des Umgangs mit der Kindsmutter erst später wieder einsetzt. Die Gefahr nicht nur eines Wechsels, sondern zweier weiterer Änderungen in der Umgangssituation ist den Kindern zwingend zu ersparen. Aus Gründen des Kindeswohls ist es daher nicht gerechtfertigt, bereits jetzt das derzeit durchgeführte Wechselmodel wieder zu beenden, weshalb schon deswegen der Antrag des Kindsvaters auf einstweilige Aussetzung der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen ist.

 

Kommentar von doppelresidenz.org

Die Entscheidung steht im Zusammenhang mit dem Beschluss des AG Forchheim 3 F 650/19, welche wir ausführlich kommentiert haben.

 



Zuletzt geändert am 05.02.2021 um 06:50

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